Wenn er sich in die Brust beißt
Rollkur und LDR beim Westernpferd
Gibt es nicht? Gibt es wohl, und das viel zu intensiv.
Als ich mit der Westernreiterei begann, hatte ich ein gewisses natürliches Freiheitsgefühl vor Augen. Ein ungezwungener Umgang mit dem Pferd, welches nicht nur Reittier, sondern auch Partner, Freund und Teamgefährt ist, wie auch eine leichte ungezwungene Reitweise, ohne zusammengeschraubte Körperhaltungen (Gute Dressurreiter mögen mir an dieser Stelle verzeihen, aber es gibt so viele, die glauben, dass die Reiterei am Maul beginnt und bei der Hand am Zügel aufhört) oder als anmutig empfundene Vergewaltigung. Mein Drang, die Westernreiterei möglichst so zu erlernen, wie sie auch benutzt wird, führte mich nach Amerika, in den Bundesstaat Kalifornien, nahe der Stadt Sacramento in das Örtchen Wilton. Dort wurde mir ein sehr weicher, sensibler Umgang mit dem Pferd beigebracht. Mir würde gezeigt, mit dem Pferd zu sprechen, auf seine Weise zu kommunizieren, hinzuhören und entsprechend zu reagieren. Und die Reitweise stellte sich wirklich als sehr weich dar. Den Pferden wurden beigebracht auf kleinste Zeichen zu reagieren, vieles sogar selbst zu machen, mitzudenken und dabei ruhig zu bleiben. Ich begann mehr auf meinen Körper zu achten, mich nicht zu verkrampfen und lernte, dass man stundenlang im Sattel sitzen kann, ohne schweißtreibend am Zügel herumzuziehen, wie es in der Dressurreiterei immer wieder verlangt wird. Ich konnte nach einiger Zeit meine Beine gezielt einsetzen, ständiges Treiben verschwand und das Pferd wurde mit mir eine Einheit. Ganz besonders wurde mir das dann bewiesen, wenn wir unterwegs waren, um Vieh zu treiben, zu selektieren, zu fangen und zu behandeln oder was sonst eben so anfiel. Diese Pferde waren wirklich nicht nur Partner, sondern unentbehrliche Helfer. Sie dachten mit, arbeiteten mit, und hielten stundenlang durch, ohne wirklich zu ermüden. Es gab kein Geraufe, keinen Zwang, kein Hintreten, nichts von dem, was ich von hier so gewohnt war. Aufsitzen, arbeiten, fertig. Zickige Pferde gab es nur ganz selten. Sie wusste alle, was sie zu tun hatten und ich war von dem, was ich tat, absolut überzeugt. Ich hatte etwas gefunden, was für mich einen Sinn darstellt. Mein Pferd und ich waren ein Team, achteten einander, waren stundenlang gemeinsam unterwegs und erledigten gemeinsam unseren Job, der für jeden Einzelnen allein nicht zu bewältigen war, zusammen aber schon.
Inzwischen sind Jahre vergangen und ich fröne immer noch der Westernreiterei, aber seit ich vor vielen Jahren in Amerika gewesen bin, hat sich vieles verändert. Das Westernreiten ist in Österreich immer populärer geworden. Immer mehr Turniere fanden statt und ich wollte natürlich dabei sein, so, wie ich es drüben gelernt hatte. Anfangs ging es noch, aber mittlerweile kommt man damit nicht mehr weit. Bei jedem Turnier fragte ich mich immer wieder, wieso um alles in der Welt müssen sich Pferde vorne verkriechen, wieso hängt man in den Zügeln, wieso missbraucht man den Kandarenbügel auf eine Weise, die einem die Kotze hochtreibt und wieso gewinnen solche Leute?
Ein Buch war es, dass mich aufgeklärt hat. Das Buch "Finger in der Wunde". Dr.Gerd Heuschmann zeigt in diesem Buch auf, wie die Reiterei heute verläuft, was verlangt wird und wie wir gekonnt unsere Pferde vergewaltigen und ….. der Richter schaut zu … nicht nur ….. diese Leute gewinnen. Krampfhaft werden Pferde in eine Form gedrängt, die für sie nicht nur entwürdigend, sondern schmerzhaft und krankmachend ist. Sie werden zusammengeschraubt, in den Boden hinein geritten und auf Turnieren in dieser Weise vorgestellt, dass man kein Pferdemensch mehr sein muss, um zu erkennen, dass da was nicht in Ordnung ist.
Nachdem LDR (Low-Deep-Round) bzw. die Rollkur ja in der Dressurreiterei so modern geworden ist, scheinen auch die Westernreiter dorthin zu gucken. Für mich war einst eine freie Kopfhaltung maßgebend. Natürlich veranlasste man sein Pferd auch dazu nachzugeben, sich zu biegen, sich zu versammeln, aber doch so, dass es sich dann wieder in einer natürlichen Selbsthaltung weiterbewegen konnte. Heutzutage ist das anscheinend nicht mehr wichtig. Denn genau wie in der Dressur, beißen sich Westernpferde mittlerweile in die Brust, werden in eine Stellung gezwungen, die an eine würdige Gebrauchsreitweise nicht mehr erinnert, und in den Boden hinein geritten, denn den Kopf zu heben, würde wieder Konsequenzen nach sich ziehen.
Ich überlegte, was man mir in Amerika beigebracht hat und wozu ich das Pferd dort drüben gebraucht habe. Wenn ich mir vorstellte, dass ich in dieser Position des Kopfes die Rinderherde in Ordnung halten soll, ist das ein Wunsch, der nicht durchführbar ist. Um arbeiten zu können, muss das Pferd sehen können, was es arbeiten soll. Im Turnierwesen scheint diese Logik allerdings nicht mehr zu gelten. Da geht es nicht mehr darum, ob man in adäquater Form mit seinem Pferd umgeht, sondern da gilt das Pferd scheinbar nur noch als Sportgerät, das man verwendet, denn anders kann ich mir diese Haltung der Leute, die da zusehen und solchen Reitern auch noch einen Pokal in die Hand drücken, nicht vorstellen.
Heute muss ich mich schämen, Westernreiter zu sein. Ich habe mir geschworen, meinem Pferd das niemals anzutun, nur um auf dem Siegertreppchen zu stehen. Es wäre allenfalls ein Sieg für mich, nicht für mein Pferd. Für mich war der Turnierstart immer Spaß, auch wenn man einen gewissen Ehrgeiz entwickelt hat. Natürlich möchte man gut sein und man freut sich auch, zu gewinnen. Aber wenn gewinnen so ausschaut, dann pfeife ich lieber auf den Start. Für jemanden wie mich, der gelernt hat, in die Seele eines Pferdes zu blicken, der das Pferd als Kamerad, Teamgefährte, Helfer bei der Arbeit und Freund kennengelernt hat, und es auch als solches respektiert, ist die Entwicklung der Reitweise Quälerei und bestimmt nicht mehr das, was sie einmal gewesen ist. Jedem Cowboy, der sein Pferd tag täglich dort draußen braucht, würde sich der Magen umdrehen.
Mir ist noch immer unverständlich, warum man so was zulässt, wieso diese Methoden nicht unterbunden werden. Vermutlich, weil die Richter selbst diese Methode bevorzugen, damit auch gewinnen, gut dastehen und nicht merken, dass ihnen das Pferd kein Freund mehr ist, sondern nur noch Mittel zum Zweck. Es tut mir weh, wie eine so herrliche Reitweise so verkommen konnte.
Man kann alles übertreiben
Jeder Laie sieht, dass dieses Pferd nicht glücklich ausschaut. Das Maul geöffnet, den Kopf eingeschraubt, die Augen groß und rund. Will man das wirklich in der Reiterei sehen?
Obwohl vielfach in die Kritik geraten, wird immer so geritten. Ja, nicht alle, aber sehr viele, auch im ganz großen Dressursport, leider auch bei der Westernreitweise und ich frage mich immer wieder ... will man das wirklich sehen?
Um es zu veranschaulichen, hier ein Video. Leider gibt es Verfechter dieser Rollkur, Reiter, die glauben, dass das richtig ist und auch Richter die sagen, das das in Ordnung sei. In Ordnung ist was anderes. Wer an diesen Bilder noch immer nicht erkennt, dass das etwas völlig falsch läuft, der hat etwas an der Reiterei nicht verstanden.
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