Wir haben sicher einen Knall
Ja, mag schon sein, dass wir einen Schuss haben. Eigentlich mit allem, was wir machen, fallen wir auf. Ob jetzt meine Romanschreiberei, das Gespannfahren mit den Hunden, die Hundezucht, unsere Reiterei oder eben unsere Pferde. Aber die meisten, die zu uns kommen, würden am liebsten einziehen, also kann unser "Knall" nicht soooo schlimm sein.
Und wie schaut der "Knall" jetzt aus?
Ach ja, so schräg ist der gar nicht. Wir haben einen Hof, hätten gern einen Bergbauernhof mit nichts rundherum, der aber einfach nicht zu kriegen ist, also bleiben wir eben hier. Wir haben 22 Hunde ... nein, nein so viel ist das nicht. Oder doch? Na, für den Normalmenschen, der vielleicht ein oder zwei Hunde hat, vielleicht schon, für uns ist das normal. Wir haben unsere Dogs ja täglich um uns, arbeiten täglich mit ihnen, schimpfen, meutern und erschießen jeden Tag (bitte nicht zu ernst nehmen) mindestens einen, verbrauchen täglich Unmengen an Futter und stehen auch in der Nacht "Habt Acht", wenn was nicht rund läuft. Dazu haben wir unsere Pferde. Jeder mit seiner eigenen Persönlichkeit. Davon drei Stuten, zwei Hengste und einen Wallach, der nie geplant war, aber hängengeblieben ist. Amor dankt es uns mit jedem Atemzug, den er tut. Würden wir ihn weggeben, er wäre todunglücklich und würde vermutlich krepieren, wie eine Primel, der man das Wasser entzogen hat. Also darf er bei uns Fohlenonkel spielen, was er mit Leidenschaft macht.
Ist Hengste halten nicht gefährlich?
Werde ich doch hin und wieder gefragt. Nein, ich will keinen Hengst haben, ist eine oft gehörte Aussage. Zugegeben, Hengste sind etwas komplizierter zu halten als Stuten oder Wallache. Sie sind "vollständig" und benehmen sich eben, wie sich Hengste benehmen. Manchmal sind sie auch recht lustig drauf, gerade im Frühjahr, wenn die Hormone sich melden. Hengste müssen sorgsam erzogen werden, damit sie eben nicht zur Gefahr werden. Sie müssen lernen, den Menschen zu respektieren und ihren Hengst hinten anzureihen. Ein Hengst, der an der Hand, gehalftert, gezäumt, gesattelt oder geritten wird, hat seinen Hengst einzupacken. Hengste müssen das lernen, sonst wird einfach der tägliche Umgang mit ihnen zu einem Problem. Hengste kämpfen um Stuten und nicht jeder Hengst lässt sich vergesellschaften. Dinge, die man beachten muss. Dieses Jahr, Frühjahr 2021 lässt Suki zum ersten Mal seinen Hengst raus und kostet es voll aus. Amor leidet unter ihm, da Suki ihn ständig beißt und nicht in Ruhe lässt, weswegen Suki allein nach draußen geht. Mit dem Frühling hüpfen auch die Hormone im Achteck und Suki hat sich, bei seiner ersten Belegung, doch einige Ohrfeigen eingefangen. Die Sache mit den "Weibern" ist eben doch nicht so einfach, wie er sich das vorgestellt hat.
Dennoch arbeiten wir Suki, auch wenn es ihm momentan etwas an Substanz fehlt. Wenn diese Sache mit den Mädels nicht wäre ... Ich merke aber doch, dass er aufpasst und er arbeitet gut mit. Als jetzt vierjährige Junghengst ist es nicht leicht und er muss das erst lernen, was JW bereits konnte.
Behandelt man einen Hengst fair, ist der der beste Kumpel des Lebens. Ich kann das nur doppelt unterstreichen, denn ich hatte Zeit meines Lebens immer Hengste, neben Stuten und Wallachen.
Trainierst du deine Pferde selbst?
Natürlich mache ich auch das. Ist aber so eine Sache, da es viele, viele Trainer mit viel verschiedenen Meinungen und noch mehr Methoden gibt. Der eine schwört auf diese Methode, der andere auf jene und der nächste weiß sowieso alles besser und lässt keine andere Meinung zu. Ich versuche nach der Logik zu arbeiten und nicht nach der Methode. Es gibt sehr viele gute Methoden, aber nicht alles arbeitet für mich. Es ist auch nicht alles auf jedes Pferd anwendbar. Also versuche ich meinen Kopf einzusetzen und eine Lösung zu finden, ohne vorangegangene Methode. Ein ganz einfaches Beispiel. Es gibt Menschen, die knallen dem Pferd eine Trense ins Maul, schnallen ihm den Sattel um, longieren es, bis es nicht mehr buckelt, setzen sich drauf und reiten .... hurrra Rodeo. Bleibt mal oben, is recht, fliegt man runter, dann nochmal rauf. Ist auch eine "Methode". Aber unlogisch.
Ist es nicht vernünftiger und vor allem sicherer für beide, das Pferd mit all diesen Dingen zuerst vertraut zu machen. Bodenarbeit, damit das Pferd auf einen achtet und seinen Körper besser kennenlernt, seine Beine präziser einsetzt und lernt, einem zu vertrauen. Nach einer Weile zeige ich ihm den Sattel und arbeite mit dem gesattelten Pferd vom Boden aus, bis es den Sattel akzeptiert und nicht mehr fürchtet. Dann die Trense, die viele Pferde nicht mögen. Manchmal ist es sogar notwendig, das Pferd über Nacht mit der Trense fressen zu lassen, wenn es zum Beispiel die Zunge über die Trense legt. Das ist unangenehm und wäre beim Reiten schmerzhaft. Mit der Zunge über der Trense kann aber so ein Pferd nicht fressen, also hat es die ganze Nacht Zeit, herauszufinden, wo die Zunge hin soll, ohne Stress und ohne Druck. Es gibt kaum ein Pferd, welches das nicht checkt.
Dann lernt man dem Pferd links und rechts am Zügel zu unterscheiden. Ist man damit durch, kann man sich draufsetzen, vorsichtig langsam, mit Hilfe vom Boden aus. Bekomme ich einen kurzen Ritt hin, ohne dass Angst vom Pferd ausgeht, ist das doch vernünftiger, als das Pferd innerhalb von Minuten zu brechen, ohne Aufbau von Vertrauen. Da braucht es keine Methode, sondern Hirn.
Reitest du Turniere?
Nein, nicht mehr. Ich bin in früherer Zeit ... mein Gott, ganz früher, so ziemlich alles geritten. Ich bin gesprungen, Dressur geritten und hatte da auch meine ersten Turnierstarts. Als ich in meiner Jugend mit Pferden durchs Gelände gurkte, gab es das Westernreiten noch nicht wirklich. Ja, vielleicht vereinzelt, für mich unerreichbar. Deswegen bin ich als jungen Mädchen auch dorthin, wo man diese Reitweise praktiziert. In Amerika (Kalifornien) habe ich sie nicht nur gelernt, sondern sie auch angewendet und ich hatte mitsamt meinen Cowboykollegen und anderen Pferdeleuten mächtig viel Spaß, denn sie verübelten mir mein Nichtwissen in keinster Weise und haben gejubelt, wenn ich was neu dazu gelernt hatte. Man hat sich manchmal echt Mühe gegeben, mir etwas zu zeigen, was nicht in mein Hirn wollte, weil wir hier in Europa eine andere Ausbildung pflegten, als die dort in Amerika. Für mich war es unverständlich, ein Pferd von mir wegzujagen, damit es dann kommt. Aber gerade John Jack Black Hawk, eigentlich Dakotaindianer (ohne seine lange Haare hätte ich das nie erkannt) Pferdemensch durch und durch, mit einer Ruhe, die seinesgleichen sucht, zeigte mir, auf was es ankommt. Sowas habe ich nie wieder gesehen und erlebt. Mit Geduld hat er mir versucht beizubringen, wie ein Pferd zu denken, es zu lesen und zu verstehen. Er sagte, man bräuchte einen speziellen Blick, um zu wissen, was ein Pferd denkt und man muss sich selbst auch Fehler eingestehen können und auch mal einen Schritt zurückgehen. Ja, er hatte recht. Von diesen neuen Erkenntnissen wollte aber damals hier drüben kaum jemand was wissen. Okay, was solls. Behalte ich es eben für mich.
Heute ist zu beobachten, dass es Pferdetrainer gibt (und die wachsen aus dem Boden wie Hundetrainer und Schwammerl) die lassen kein anderes Können zu und es gibt welche, die fassen Pferde an, als wären sie auch Zucker gegossen oder aus hauchdünnem Porzellan. Mir wurde eines deutlich beigebracht und hat meine Einstellung geprägt: Ein Pferd bringt zuweilen 600 kg bis 700 kg auf die Waage. Auch 500 kg reichen. Selbst ein Pony hat Kraft, die wir nie bändigen können. Geraten diese 500 kg in Schwung, kann dich so ein Pferd mit deinen menschlichen 70 kg vernichten, auch ohne es zu wollen. Pferde können treten, springen, scheuen, hüpfen, buckeln, beißen. Alles Dinge, gegen die wir nichts entgegenzusetzen haben. Aber wir Menschen bilden uns noch immer ein, alles kontrollieren zu können. Wir können recht viel, aber gegen Masse in Verbindung mit Geschwindigkeit sind wir machtlos. Weiß man das, ist es naheliegend, so mit Pferden umzugehen, dass so wenig wie möglich passiert kann. Ist aber oft nicht so, denn wenn Pferde ständig mit Samthandschuhen angefasst werden und nie lernen, auf den Menschen aufzupassen und mitzudenken, geschehen oft Dinge, die vermeidbar wären. Es passiert auch so immer noch genug, aber manchmal wird es eben doch provoziert, durch Unwissenheit, falsch verstandene Tierliebe und zuviel Zucker, Mimimimi und Miepmiep. Nein, man soll mit einem Pferd nicht über Gewalt verständigen, sondern mit einer festen und sicheren Handschrift, denn dieses "sicher" ist das, auf was sich das Pferd verlässt, denn Pferde haben untereinander auch eine sichere Handschrift.
Ich bin später Reining gestartet, sogar in der Profiklasse, als ich aber gemerkt habe, wohin der Trend geht, habe ich es gelassen. Wie in der Dressurreiter die Rollkur, wurde in der Westernreiterei LDR (Low, deep, round) modern. Pferde, die den Hals aufrollen und sich in die Brust beißen, die tief, mit der Nase am Boden geritten werden und sich kaum noch wagen ihre Köpfe zu heben. Pferde, bei denen man den Eindruck gewinnt, sie gehen beständig bergab. Pferde, die nicht mehr nach vorne gucken können, da sie pausenlos den Boden anstarren. Nun, wenn das im Pferdesport "in" ist, bin ich eben "out". Ich wollte mein Pferd nicht auf diese Weise reiten, schon gar nicht trainieren. Wie soll ein Pferd vernünftig auf der Hinterhand sitzen, wenn ich die Front in den Boden reite? Meine Logik sagt mir: Impossible. Aber gut, muss auch jeder für sich wissen.
Ich bin dann noch eine Weile Distanzen geritten. Als einzige Westernreiterin, als einzige im Westernsattel, als einzige mit Kandare und als einzige mit einem Westernpferd. Distanzen zu reiten ist allerdings viel, viel Lernarbeit. Nicht, was man über wenige Wochen hinkriegt. Dazu benötigt man auch gute Erfahrungswerte und gute Kenntnisse über sein eigenes Pferd. Was schafft mein Pferd, wie schnell kommt er mit dem Puls runter, was kann ich tun, damit er schneller runter kommt, und, und, und. Man braucht doch ein gutes Team, um Distanzen zu reiten und es kostet viel Zeit, es regelmäßig zu machen. Ein wirklich schöner Sport, der mir gut gefallen hat und solange alles mit rechten Dingen abläuft, auch in Ordnung. Wenn aber große Distanzturniere abgehalten werden, wo der Prinz von "kein Ahnung" (vermutlich Dubai) startet, sein Pferd halb umbringt, es mit heftigem Nasenbluten zeigt, und das auch noch toleriert wird, weil ja "Prinz" dann hört sich für mich der Spaß auf. Wenn Pferde nach übertriebener Distanzleistung an Nierenversagen sterben, sollte man nachdenken, wie exzessiv man diesen Sport betreiben möchte. Mir haben nach 80 km so derart die Knochen wehgetan, dass ich nach einem Rollstuhl verlangt habe. Meinem Pferd ging es deutlich besser, aber auch er spürte seine Knochen. Mit zunehmendem Alter habe ich mit diesem Spaß aufgehört und ritt nur noch durch Gelände. Flott, mit vielen Galopppassagen, aber ich setzte mich nicht mehr dem Turnierdruck aus. Ich gymnastiziere meine Pferde gut, verlange auch Dinge von ihnen, die sie im Gelände jetzt nicht so oft brauchen, aber ich möchte draußen ein rittiges Pferd haben, welches gut zu reiten ist. Meine Pferde sollen ihren Job kennen. Wir reiten am Stück oft mal 10 km, 20 km, auch mal 30, aber mehr is nicht. Pferde sollen sich bewegen und jedes Pferd, welches nur Reitplatz oder Halle sieht und sich nie frei bewegen darf, ist eigentlich eine arme Sau. Wie viele Spinner es unter diesen Pferden gibt, will ich gar nicht wissen, aber schon in Amerika sagte man mir: Move your horses feet. Auf gut Deutsch, sieh zu, dass sich dein Hüa bewegt und man sagt mir auch: Get miles under your horses hoofs. Also man sollte Meilen unter die Hufe seines Pferdes kriegen. Ja, es stimmt. Beweg dein Pferd, aber nicht nur am Reitplatz in einer aufgezwungenen Haltung, sondern auch im Gelände. Lass es laufen und wenn so ein Pferd mal 10 km im Galopp am Stück geschafft hat, ist auch so ein Pferd unheimlich zufrieden. Wie viele Pferde allerdings noch nie im Gelände waren ... auch etwas, was ich nicht wissen will.
Aus dieser Einstellung heraus, mache ich alles selbst. Ich ziehe meine Pferde selbst groß, erziehe sie selbst, reite sie selbst ein und hoffe, einen guten Job zu machen. Turniere sind schön, aber wirklich kein Muss.